07.06.2023 Wärmepumpen, Netzausbau und Stromverbrauch – Habeck glaubt nicht an Überlastung der Netze
Ingenieure aus der Energiebranche äußerten Bedenken, dass es aufgrund der wachsenden Verbreitung von Wärmepumpen zu einer Überlastung der Stromnetze kommen könne. Wirtschaftsminister Robert Habeck widerspricht dieser Sorge und sieht keine berechtigten Gründe dafür.
Habeck hat sich mit dem Thema auseinandergesetzt. Laut Handelsblatt werden solche Warnungen vom Wirtschafts- und Bauministerium von Klara Geywitz als unbegründet angesehen. Die Ministerien zitieren, dass der zusätzliche Stromverbrauch von Wärmepumpen aufgrund ihrer hohen Effizienz, insbesondere bei der Nutzung von Umgebungswärme aus Luft, Erdreich oder Wasser, gering ist. Nach den Berechnungen der Ministerien würden die geplanten 5 Millionen neue Wärmepumpen bis 2030 weniger als 30 Terawattstunden (TWh) Strom benötigen – das wären weniger als 5% des Stromverbrauchs im Jahr 2030.
Gemäß dem Energiewirtschaftsgesetz könnten die Energieversorger den Stromverbrauch von Geräten in der Nähe des Verbrauchers jedoch drosseln. Zusätzlich soll die Förderung für Wärmepumpen nur noch dann erfolgen, wenn sie über eine Schnittstelle verfügen, die es ermöglicht, sie teilweise vom Stromnetz ferngesteuert abzukoppeln.
Diese Kritik kam von Bauingenieurin Lamia Messari-Becker in einem Interview mit der Berliner Zeitung: Ihr Vorwurf: Habeck fokussiere die Wärmewende zu stark auf Strom und gestalte zu wenig diversifiziert, was zu einer selbst verursachten Verknappung führt. Warum also diese Schnittstelle bei Wärmepumpen, wenn angeblich keine Überlastung der Netze droht? Warum will die Regierung den Stromverbrauch von Wärmepumpen und Ladestationen für Elektroautos drosseln, wenn es nach Aussage des Wirtschaftsministeriums kein Versorgungsproblem gibt?
Der Ministeriumssprecher bewertet die Schlussfolgerung, dass die Geräte vom Stromnetz abgekoppelt würden, als missverständlich. Er erklärt, dass niemand im wahrsten Sinne des Wortes abgekoppelt wird. Nur wenn der Verbraucher zustimmt, kann er eine geringere Leistung aus den Stromleitungen erhalten. Diese Regelung betrifft auch nicht die Privathaushalte, sondern eher die Ladestationen.
Davon ist im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) tatsächlich nicht die Rede – soweit ich das recherchieren konnte. Dazu am Ende des Artikels mehr. Aber wenn selbst der Spiegel, der inzwischen ja stramm auf Politikkurs fährt, das veröffentlicht, dürften kommende Maßnahmen zur Netzentlastung eher unmissverständlich sein.
15.01.2023 Bei hoher Netzauslastung: Netzagenturchef Müller will Strom für Wärmepumpen und Elektroautos drosseln
Das deutsche Stromnetz ist vielerorts noch nicht für die Flut an Wärmepumpen und Elektrofahrzeugen gerüstet. Bei Überlastung plant die Aufsichtsbehörde daher künftig Rationierungen. […] Die Pläne zur Stromrationierung sollen demnach zum 1.01.2024 in Kraft treten.
Nennt sich neudeutsch „Spitzenglättung“.
Die Politik erweckt den Eindruck, dass alles nach Plan verläuft. Doch sowohl der Ausbau der erneuerbaren Energien, als auch der Ausbau der Netze hängt den Plänen der Politiker um Jahre hinterher. Gemäß dem Ausbauszenario des Netzentwicklungsplans Strom 2013 müssen die Übertragungsnetzbetreiber bis 2032 rund 145.000 Kilometer neue Stromleitungen verlegen, um eine erfolgreiche Integration erneuerbarer Energien zu gewährleisten. Die Bundesländer ihrerseits schätzen den erforderlichen Ausbau auf etwa 280.000 Kilometer ein. Die Klimaziele der Bundesregierung haben sich seitdem verschärft und der prognostizierte Stromverbrauch ist deutlich angestiegen.
Rolf Buch, der Vorstandsvorsitzende der Vonovia, kritisiert, der Ausbau der Stromnetze sei bereits jetzt zu langsam. Das soll der Grund dafür gewesen sein, dass Vonovia in vielen Fällen installierte Wärmepumpen nicht in Betrieb nehmen konnte.
Artikel vom 05.05.2023 der Frankfurter Rundschau, die auch nicht gerade verdächtigt wird, dem Regierungskurs journalistisch zu trotzen:
Stromnetze zu schwach: Vonovia kann Wärmepumpen nicht in Betrieb nehmen
Deutschlands größter Immobilienkonzern Vonovia hatte Anfang 2022 ein Wärmepumpen-Sonderprogramm aufgelegt. Doch viele Geräte sind mangels Strom bis heute nicht angeschlossen.
Weitere Probleme hat die Bundesnetzagentur zum Jahreswechsel festgestellt: Im ersten Halbjahr 2022 gingen in Deutschland 5,4 Mrd. Kilowattstunden grüner Strom verloren, weil die Übertragungskapazität der Netze nicht ausreichend war. Das entspricht etwa 4% des erzeugten Ökostroms. Aufgrund dieser Engpässe konnten die Ökostromanlagen mögliche 5,8 Mrd. Kilowattstunden Strom nicht erzeugen, was über 1% der gesamten Stromerzeugung im Jahr 2022 ausmacht. Wenn man zusätzlich den Fachkräftemangel berücksichtigt, scheinen die Bedenken vieler nicht unbegründet zu sein.
Der Strom ging nicht „verloren“, sondern musste mit Verlust verkauft werden.