Stell dir vor, man macht sich über dich lustig – und du bekommst es nicht mit

31.10.2023 Negativfaktor Deutschland: Warum „German free“ international zum Werbeslogan wird
 
Zu viel Moral, zu hohe Preise, zu wenig Technologiekompetenz: Wie die deutsche Politik es der Wirtschaft immer schwerer macht, mit der Weltspitze mitzuhalten. Die großen Konzerne reagieren bereits. Der Mittelstand wird folgen.
 
Im August 1887 wurde in Großbritannien der „Merchandise Marks Act“ beschlossen. Produkte aus Deutschland wurden fortan mit dem Schriftzug „Made in Germany“ gebrandmarkt. Dieses Kainsmal wandelte die deutsche Industrie über die Jahrzehnte in ein globales Gütesiegel für deutsche Qualität und Zuverlässigkeit.
 
Geschichte wiederholt sich bekanntlich nicht. Aber sie reimt sich, wie der Ökonom Barry Eichengreen süffisant bemerkte. In diesem Fall lautet der Refrain „German free“: Hersteller und Foren werben seit einiger Zeit damit, dass keinerlei Bauteile aus Deutschland enthalten.
 
Das gilt insbesondere für die Sicherheits- und Verteidigungstechnologie. Dort drängt die Konkurrenz die deutschen Anbieter mit diesem Label schon länger an die Seite. Und es steht zu befürchten, dass „German free“ auch auf anderen Märkten zum Werbeslogan wird. Zumindest tun wir sehr viel dafür: Wir moralisieren uns aus bestimmten Segmenten, wir preisen uns aus bestimmten Märkten, und wir dilettieren uns aus bestimmten Technologien.
 
Der Vorstoß von Wirtschaftsminister Robert Habeck, die Investitionsgarantien des Bundes künftig an die Erfüllung der klimapolitischen Sektorleitlinien Deutschlands zu koppeln, wird z.B. diesen Effekt haben. Käufer in Afrika, Asien und Lateinamerika werden sich genau überlegen, ob sie die ewigen Belehrungen aus Deutschland in Produkte verbaut importieren wollen.
 
Bemerkenswert war in diesem Zusammenhang ein Satz der aus Nigeria stammenden Generaldirektorin der „World Trade Organization“, Ngozi Okonjo-Iweala, im September bei der Botschafterkonferenz des Auswärtigen Amtes:
 
„When we talk to China, we get an airport; when we talk to Germany, we get a lecture.“
(„Wenn wir mit China sprechen, bekommen wir einen Flughafen. Sprechen wir mit Deutschland, gibt es einen Vortrag.“)
 
Das Ausland schaut dem Treiben jedenfalls teils belustigt, teils besorgt, teils beschämt zu.
 
Mein Vorschlag für ein neues Label: „Mad in Germany“.

 
Quelle: manager-magazin.de/politik/deutschland/mittelstand-warum-german-free-international-zum-werbeslogan-wird-a-2f28a720-c2ce-46a9-bdd6-dc9d8bcacd05
 

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