Auch das wird keine Konsequenzen nach sich ziehen

21.09.2024 Atomausstieg: Interne E-Mail belastet Habeck schwer
 
Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke haben stets behauptet, dass der mögliche Weiterbetrieb der Kernkraftwerke in ihren Häusern vorurteilsfrei und ergebnisoffen analysiert worden sei. Das Habeck-Ministerium schrieb am 20.03.2024: „Die Aussage war und ist weiterhin richtig.“
 
Gegen diese Versicherung spricht allerdings eine interne E-Mail aus dem Führungszirkel des Wirtschaftsministeriums vom 01.03.2022. Darin bittet Graichens persönliche Referentin – explizit auch im Auftrag von Habecks Ministerbüro – den Leiter der Stromabteilung, einen Vermerk zur Kernenergie erstellen zu lassen. Dieser werde dann mit weiteren Informationen aus Lemkes Haus zusammengeführt.
 
In der Nachricht wird deutlich, dass die grüne Chefetage Einfluss auf die Analyse nehmen wollte. Die Referentin schrieb: „Patrick [Graichen] bittet insbesondere darum, darzustellen, wie wir auch ohne die drei in Rede stehenden Atomkraftwerke die Versorgungssicherheit sichern können.“
 
Um die von Habeck öffentlich versprochene und dann auch explizit angeordnete vertiefte „Prüfungsaufgabe“ seines eigenen Hauses rankt sich der weitere E-Mail-Verkehr. Das Büro des Stromabteilungsleiters schickte den Auftrag des Ministers und seines Staatssekretärs umgehend an das zuständige Stromreferat weiter.
 
Dessen Leiterin schränkte die Erwartungen aber ein. Man könne zwar aufschreiben, „welche Auswirkungen eine Abschaltung / Nichtabschaltung der letzten AKW auf die Versorgungssicherheit hat“. Nicht zuständig aber fühle man sich für die von oben bestellte „politische Bewertung des Weiterlaufens“. Sie schrieb: „Dafür gibt es doch einen riesigen Stab in der Leitung?“
 
Postwendend kam von oben Entwarnung, die fachliche Analyse reiche aus: „Politische Bewertung macht Patrick.“
 
In dem März-Vermerk heißt es zum Streckbetrieb: „Die Verschiebung der Stromerzeugung von Kernkraftwerken vom Sommer 2022 in den Winter 2022/23 wird als Maßnahme geführt, weil sie potentiell zu einer Gasverbrauchssenkung beitragen kann.“ In Wetterlagen, die für die Ökostromerzeugung ungünstig seien, gebe es „ggf. nicht genug Erdgas, um die Kraftwerke zu betreiben.
 
Eine Laufzeitverlängerung bis zum 31.3.2023 sollte als Vorsorgemaßnahme weiter geprüft werden, weil sie den Erdgasverbrauch im Stromsektor auf ein Minimum reduzieren kann.“
 
Mit dieser Einschätzung widersprach das Fachreferat Habecks Aussage aus der Woche zuvor, dass die Kernkraft für den Winter 2022/23 „nicht helfen“ werde. Der Vizekanzler hatte auch gesagt, dass man vermehrt auf Kohle setzen wolle.
 
Dazu urteilte das zuständige Referat, es sei „äußerst risikoreich, die Stromerzeugung aus Erdgas im nächsten Winter ausschließlich durch die zusätzliche Stromerzeugung aus Reserven und bereits stillgelegten Kohlekraftwerken zu stützen. Auch deswegen sollte die Notwendigkeit einer Laufzeitverlängerung weiter geprüft werden.“
 
Zudem erhöhe das Atom-Aus die „Redispatch-Kosten“, den teuren Ausgleich im Netz, wenn die Erneuerbaren zu viel oder zu wenig Strom einspeisen. Gerade im Winter könnte die Laufzeitverlängerung dann die Lage entspannen.
 
Preismindernd schlage sich ebenfalls nieder, dass „sich die Kernenergie mit sehr geringen variablen Kosten am unteren Ende der Merit-Order einordnet“.
 
In den Wintermonaten Januar und Februar seien die jenseits der Wind- oder Solarenergie benötigten Strommengen besonders hoch, so der Vermerk. Dann sei die Kernkraft in der Lage, die teure Gasverstromung zu verdrängen. „Dadurch könnten die Strompreise in vielen Stunden sinken“.
 
Das Ergebnis der Prüfung fiel also eindeutig aus: Der Weiterbetrieb der drei Atommeiler würde die Versorgungssicherheit im Winter erhöhen, er könnte Gas für andere Anwendungen sparen und noch dazu die Preise in Schach halten.
 
Trotzdem hielt sich Graichen nicht an die Expertise, sondern bestand weiter auf dem Atomausstieg. Das Ministerium spielte die Bedeutung der Fachanalyse am Freitag herunter. „Das Dokument behandelt diverse teilweise spekulative energiewirtschaftliche Einzelaspekte“, sagte der Sprecher. Diese hätten mit den Bedenken der Betreiber und des Umweltministeriums gegen eine Laufzeitverlängerung abgewogen werden müssen.
 
Schon im April 2024 hatte das Magazin „Cicero“ aus dem atomfreundlichen Vermerk des Fachreferats zitiert. Die Journalisten kamen zu dem Schluss, dass die grünen Leitungsebenen im Wirtschafts- und auch in Lemkes Umweltministerium interne Berichte so trimmten, dass sie in jedem Falle der Parteilinie zum schnellen Atomausstieg entsprachen. Dafür bieten die neuen Unterlagen weitere Belege.
 
Und sie zeigen, dass das Ministerbüro Mitauftraggeber eines Vermerks war, dessen unerwünschte Ergebnisse später unter den Tisch fielen.

 
Quelle: faz.net/aktuell/wirtschaft/atomausstieg-interne-mails-werfen-fragen-an-robert-habeck-auf-19998442.html (Paywall)
– gefunden bei Apollo-News.net
 

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