21.07.2023 Bundesregierung: Passentzug bei Teilnahme an „ausländischen Veranstaltungen“, die „im Widerspruch zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ stehen
Die regierende Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen hat im Juni, bisher medial unbeachtet, einen Entschließungsantrag mit dem bezeichnenden Titel: „Passversagung bei Teilnahme an ausländischen Veranstaltungen, deren Inhalte im Widerspruch zu den Grundsätzen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes stehen“ eingereicht.
Die Jahre der Corona-Maßnahmen sowie die beschlossenen rechtlichen Sanktionen in Bezug auf Äußerungen zum Ukraine-Krieg haben gezeigt, wie schnell ein „Widerspruch zu den Grundsätzen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ konstruiert und wie schnell man zum „Extremisten“ erklärt werden kann. Bei diesem Vorhaben sollten über alle Parteigrenzen hinweg die Alarmglocken läuten.
Wie bei allen Anträgen ist der bisher zitierte Begründungs- und Feststellungsteil nicht der zentrale Part, sondern hat eher dekorative Zwecke. Wirklich relevant bei einem Antrag im Bundestag ist der abschließende Forderungsteil. Und der hat es in sich. Fast unnötig zu erwähnen, dass vom angeblichen Fokus auf „Rechtsextremismus“ mit keinem Wort mehr die Rede ist:
„Vor diesem Hintergrund fordert der Ausschuss für Inneres und Heimat des Deutschen Bundestages die Bundesregierung auf:
1. darauf hinzuwirken, die Passverwaltungsvorschrift insofern zu konkretisieren, als dass bei einer beabsichtigten Teilnahme an extremistischen Veranstaltungen im Ausland, die inhaltlich im Widerspruch zu den Grundsätzen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes stehen, eine Gefährdung des internationalen Ansehens der Bundesrepublik Deutschland und somit eines sonstigen erheblichen Belangs der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 Var. 3 PassG anzunehmen ist
und
2. darauf hinzuwirken, dass der Informationsfluss von den Sicherheitsbehörden zu den Passbehörden verbessert wird, sodass bei der Entscheidung über eine Passversagung den Passbehörden eine hinreichende Tatsachengrundlage vorliegt, um eine gerichtsfeste Passversagung vornehmen zu können.“
Dagmar Henn verweist in einem Beitrag zu der von der Regierungskoalition geplanten Änderung der Passverwaltungsvorschrift völlig zu Recht darauf, dass man ein Gesetz oder Verwaltungsverfahren, insbesondere eingedenk der jüngeren deutschen Geschichte, immer unter der Möglichkeit der „maximal böswilligen Anwendung“ beurteilen sollte:
„Mein Vater, der bis in die Knochen Jurist war, hat mich einmal gelehrt, dass man, will man beurteilen, ob ein Gesetz, eine Verordnung oder ein Verwaltungsverfahren verfassungsgemäß ist, nicht von einer gutwilligen Anwendung ausgehen darf, sondern betrachten muss, ob selbst bei einer maximal böswilligen Anwendung verfassungsgemäße Rechte noch gewahrt sind.“
Es sei der Beurteilung des Lesers und dessen Erfahrungswerten in den letzten drei Jahren überlassen, wie hoch er das Gefahrenpotenzial dieser Regierungsinitiative einschätzt.
Quelle: nachdenkseiten.de/?p=101392