31.05.2025 Die Nähe von Karlsruhe und Kanzleramt: Wenn Richter zu Kumpanen werden
Der Rechtsstaat lebt von der klaren Trennung der Gewalten. Doch zwischen Bundesverfassungsgericht und Bundesregierung scheint diese Trennung zunehmend porös. Recherchen der „Welt“ offenbaren ein Netzwerk aus Treffen, Telefonaten und Schreiben, das weniger nach unabhängiger Kontrolle als nach institutioneller Kumpanei aussieht.
Gerichtspräsident Stephan Harbarth telefoniert mit Kanzler Olaf Scholz, schickt Geburtstagsgrüße an FDP-Politiker und plaudert mit Staatssekretären über Bürokratie – alles „ohne Verfahrensbezug“, wie es heißt.
Wie unabhängig ist ein Gericht, das so intensiv mit der Politik vernetzt ist? Ein kritischer Blick auf die Fakten zeigt: Die Gewaltenteilung droht zur Fassade zu werden.
Ein Netzwerk aus Anlässen und Absprachen
Im Jahr 2024 trafen sich Vertreter des Bundesverfassungsgerichts und der Bundesregierung bei 22 „dienstlichen Anlässen“, von Staatsbanketten über Jubiläen bis hin zu einem Symposium im Luxushotel „Schloss Elmau“.
Gerichtspräsident Harbarth, in der protokollarischen Rangordnung an fünfter Stelle, war meist vor Ort. Besonders pikant: Harbarth und der damalige Chef des Kanzleramts Wolfgang Schmidt (SPD) tauschten sich in Schloss Elmau über „Demokratie in Zeiten der Krise“ aus. Dies war allerdings nur die Spitze des Eisbergs.
Richter und Regierungsmitglieder nahmen außerdem laut Angaben des Bundesjustizministeriums (BMJ) an fünf juristischen Fachveranstaltungen teil, darunter das „Luxemburger Expertenforum“ und der „EDV-Gerichtstag“.
Mindestens 14 nicht-verfahrensbezogene Schreiben wechselten zwischen Gericht und Regierung. Harbarth gratulierte einem FDP-Minister zum Geburtstag und dessen Chef zur Ernennung als Justizminister.
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