27.05.2025 Befunde sollen für alle Praxen sichtbar bleiben
Auch in Zukunft werden Versicherte wohl nicht genau bestimmen können, wer in welchem Umfang auf ihre Gesundheitsdaten zugreifen darf. Das gab Tino Sorge, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, auf eine schriftliche Anfrage der Bundestagsabgeordneten Anne-Mieke Bremer bekannt.
„Eine Zugriffsbeschränkung für einzelne Behandlungsdokumente je Leistungserbringer ist nicht vorgesehen“, schreibt Sorge mit Blick auf die weitere Entwicklung der elektronischen Patientenakte (ePA).
Bei einer medizinischen Behandlung sei es „maßgeblich“, dass alle dafür relevanten Informationen verfügbar seien, so die Begründung. Nur so könne die Digitalisierung „Mehrwerte in der Versorgung schaffen und zugleich die Behandlungsqualität verbessern“.
Versicherte können damit auch künftig einzelne Dokumente nur in Gänze und für alle Leistungserbringer gleichermaßen ausblenden.
Eine Rückkehr zu einer fein abgestuften Zugriffskontrolle, die etwa aus Sicht der „Deutschen Aidshilfe“ die Selbstbestimmung der Patienten stärken und Diskriminierung vorbeugen könnte, wird es somit bis auf Weiteres nicht geben.
Mehr Selbstbestimmung hatten frühere Versionen der elektronischen Patientenakte noch ermöglicht.
So konnten Versicherte bis zum Januar 2025 relativ genau steuern, wer die hinterlegten Daten und Informationen einsehen darf.
Dafür genügte es, einzelne Dokumente als „normal“, „vertraulich“ oder „streng vertraulich“ einzustufen. Die Psychotherapeutin konnte dann beispielsweise einen bestimmten Befund einsehen, der Zahnarzt hingegen nicht.
„Einzelne Zeilen oder Einträge werden auch in Zukunft nicht verborgen werden können“, schränkt eine „Gematik“-Sprecherin auf Anfrage von netzpolitik.org jedoch ein. Haben also die Zahnärztin oder der Fußpfleger Zugriff auf den Medikationsprozess, sehen sie damit beispielsweise auch, ob man ein Antidepressivum einnehme.
Laut „Gematik“ arbeiten inzwischen knapp gut ein Viertel der insgesamt 160.000 medizinischen Einrichtungen in Deutschland mit der ePA.
Pro Tag verzeichne die „Gematik“ rund sechs Millionen Zugriffe auf die dort hinterlegten Daten. Rund 1,5 Millionen Mal werde dabei auf die in der Patientenakte hinterlegte Medikationsliste zugegriffen.
Aus datenschutzrechtlicher Perspektive bewertet die Bundestagsabgeordnete Anne-Mieke Bremer die ePA als „Desaster“. Vor allem mit Blick auf die fragwürdigen Widerspruchsregelungen, massive Sicherheitslücken und fehlende Datenhoheit für die Versicherten müsse die neue Bundesregierung schnellstmöglich nachbessern, so Bremer gegenüber netzpolitik.org.
Und auch in der Praxis läuft nicht alles glatt. Selbst wenn Behandelnde auf die ePA zugreifen können, seien die Erfahrung „niederschmetternd“, sagt der Vorsitzende des Hausärzteverbands, Christian Sommerbrodt.
Der Akte mangele es sowohl an Funktionen als auch an Sicherheit. Das Bundesgesundheitsministerium habe die ePA beworben wie ein iPhone 16, sagt Sommerbrodt. „Erwartet haben wir ein Nokia. Was wir bekommen haben, ist ein Telefon mit Wählscheibe.“
Quelle: netzpolitik.org/2025/epa-ohne-selbstbestimmung-befunde-sollen-fuer-alle-praxen-sichtbar-bleiben
16.05.2025 Schriftliche Fragen mit den in der Woche vom 12.05.2025 eingegangenen Antworten der Bundesregierung
Frage:
Ist für die elektronische Patientenakte (ePA) zukünftig die Möglichkeit geplant, als versicherte Person Berechtigungen für einzelne Daten für bestimmte Gesundheitsinstitutionen zu beschränken, und aus welchen Gründen ist dies zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich, ohne die Daten gänzlich zu sperren?
Antwort:
Die elektronische Patientenakte (ePA) für alle ist entwickelt worden, um die medizinische Versorgung für Versicherte und Leistungserbringende zu verbessern und Versicherten mehr Transparenz über ihre Gesundheitsdaten zu geben.
Diese Zielsetzung wurde bei der Ausgestaltung der erforderlichen Steuerungs- und Widerspruchsmöglichkeiten für Patientinnen und Patienten zugrunde gelegt. Es ist insbesondere möglich, einzelne Dokumente für alle Leistungserbringenden zu verbergen oder den Zugriff auf die ePA für einzelne Leistungserbringende zu beschränken.
Zudem dürfen Leistungserbringende nur im zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung auf Daten in der ePA zugreifen, soweit dies für die Versorgung der Patientinnen und Patienten erforderlich ist. Jeder Zugriff ist zeitlich begrenzt und wird streng protokolliert.
Darüber hinaus müssen Leistungserbringende die Patientinnen und Patienten bei der Übermittlung besonders sensibler Behandlungsdaten in die ePA gesondert auf ihre Widerspruchsmöglichkeit hinweisen.
Eine Zugriffsbeschränkung für einzelne Behandlungsdokumente je Leistungserbringer ist nicht vorgesehen.
Für die ePA für alle ist die Verfügbarkeit aller für die konkrete Behandlung relevanten Informationen maßgeblich und zwar genau dann, wann diese benötigt werden. Nur auf diese Weise kann die ePA Mehrwerte in der Versorgung schaffen und zugleich die Behandlungsqualität verbessern.
Frage:
Welche weiteren Funktionen und Optionen zum Management der eigenen Gesundheitsdaten für Versicherte sind für die elektronische Patientenakte (ePA) bereits eingeplant bzw. beauftragt, und ab wann ist eine neue Version der ePA mit den neuen Zusatzmerkmalen geplant?
Antwort:
Das nächste ePA-Release (sog. Version 3.05) ist für Juli 2025 vorgesehen.
Neben den bereits bestehenden Möglichkeiten Daten zu löschen, der Einstellung von Behandlungs- und Abrechnungsdaten sowie den Anwendungsfällen zu widersprechen oder die Zugriffsrechte von Leistungserbringenden zeitlich wie auch auf die ePA als Ganzes zu beschränken, wird es mit Version 3.05 dann möglich sein, den Zugriff einzelner Leistungserbringender je Anwendungsfall zu beschränken.
So können die Versicherten über ihre ePA-App zukünftig beispielsweise den Zugriff auf den digital gestützten Medikationsprozess verwalten. Zudem wird für die Versicherten die Möglichkeit geschaffen, die ePA über einen Desktop-Client zu nutzen.
Quelle: dserver.bundestag.de/btd/21/001/2100166.pdf
Wenn jemand richtig krank ist und laufend verschiedene Ärzte konsultieren muss, hat der doch wohl kaum Zeit bzw. die Nerven, sich ständig darum zu kümmern, was sich bei der ePA geändert hat und wie er Zugriffe einschränken kann.
Auch ältere und alte Leute, die – aus welchen Gründen auch immer – überhaupt keinen Zugriff darauf haben, sind in den Hintern gekniffen. Auf deren Daten haben alle ungefiltert Zugriff.
Aber genau das hatten „Verschwörungstheoretiker“ vorausgesagt: Die ePA so zu konzipieren, dass es möglichst undurchsichtig für die Patienten und möglichst profitabel für die Pharmaindustrie wird. Denn die haben ja Zugriff auf alle Daten – wenn auch (noch) anonymisiert.
Last but not least: Bei den ständigen Anpassungen und Korrekturen steigt auch das Risiko, dass die Datenbank gehackt wird.
Und da sich in Berlin ja die geballte politische Kompetenz versammelt hat, wird das mit dem Visionsminister und seiner „digitalen Identität“ noch schlimmer werden.
Solange es allerdings keine Proteste dagegen gibt, sondern – im Gegenteil – die Bürger das mit einem stoischen Achselzucken hinnehmen, rutschen wir Monat für Monat und Jahr für Jahr immer mehr in die von „Schwurblern“ angekündigte Dystopie.
#JustMy2Cent