Das Problem ist, dass Frau Merkel nie Vorsitzende, eine wirkliche Vorsitzende der CDU war. Frau Merkel war immer Vorsitzende einer Deutschland-Company [zustimmendes Nicken von Stefan Aust – ehemaliger Spiegel-Chefredakteur], aber sie war nie CDU-Vorsitzende. Sie hat nie CDU-Positionen vertreten. Sie hat sich nie … Ich kritisiere das gar nicht; ich stelle das einfach fest, ich habe es erlebt, ich kenne sie. Ich kann alles was Sie [SZ-Medizinjournalisten Werner Bartens] sagen über ihren Anstand voll unterstreichen. Das hängt aber auch damit zusammen, dass Geld sie nicht interessiert. Sie interessiert sich für Macht. […} Merkel ist klug und Merkel weiß, wie Macht geht. Aber Merkel war nie CDU-Vorsitzende.
Zwischenfrage Michael Fleischhacker: „Heißt dass, dass sie die CDU vernachlässigt hat, um die Macht zu erhalten?“
Die Merkel war immer Chefin einer Koalition. Und sie hat immer so gehandelt, dass sie als Chefin einer Koalition weiterregieren konnte. Und Herr Aust weiß das ganz genau. Und sie hat das grandios gemacht. Sie ist eine Weltmeisterin im Knüpfen von Koalitionen, auch international … daher kommt ihr Ansehen, ihr internationales Ansehen. Und in Deutschland war das gar nicht schlecht. Die hatte irgendwann im Hinterkopf: Die Grünen kann ich ganz gut gebrauchen. Irgendwann brauche ich die. Und dann geschah Fukushima und sie hat eine ganz überraschende Entscheidung getroffen. Sie ist aus der von ihr immer wieder gelobten Atomenergie ausgestiegen, und sie hatte die Grünen.
Womit ich zum Fazit komme: Ich schildere eine Situation, die die meisten gar nicht erkennen. Sie war nie Vorsitzende der CDU. Und deswegen hat der Laschet … für Deutschland war das vielleicht gut … sie war Kanzlerin Deutschlands, sie war Vorsitzende Deutschlands. Und jetzt geht sie weg, und es kommt der Laschet und er hat es sehr schwer. Er soll erklären, was CDU ist. Das weiß aber kein Mensch. Woher soll er’s denn wissen? Seit 16 Jahren vertritt an der Spitze niemand mehr CDU-Positionen. Und ich möchte Ihnen […] in einem Punkt widersprechen: Laschet ist nicht schwach. Ich kenne ihn persönlich. Ich habe ihn in München zweimal besucht, und er ist ein sehr, sehr gescheiter und auch sympathischer Mann, der jetzt diese Schwierigkeit hat, von der ich gesprochen haben: Er soll eine CDU erfinden, die es nicht gibt. Was soll er denn vertreten?
Jürgen Todenhöfer in „Talk im Hangar 7- Fehlt die politische Alternative?“ von ServusTV am 17.09.2021