Auf Facebook tausendfach gelöscht

„Der Deutsche gleicht dem Sklaven, der seinem Herrn gehorcht,
ohne Fessel, ohne Peitsche, durch das bloße Wort, ja durch einen Blick.
Die Knechtschaft ist in ihm selbst, in seiner Seele;
schlimmer als die materielle Sklaverei ist die spiritualisierte.
Man muss die Deutschen von innen befreien, von außen hilft nichts.“
 
Quelle: Heinrich Heine – deutscher Dichter und Publizist – Aphorismen.de

 

01.08.2024 Polemischer Kämpfer gegen Bevormundung durch Digitalkonzerne
 
Facebook missfällt diese Darstellung des deutschen Untertanengeists, den Heine an vielen Stellen in seinem Werk mit scharfzüngig kritisierte. Auf der Plattform wurde das Zitat nicht nur einmal, sondern tausendfach gelöscht, schreibt Joachim Steinhöfel in seinem Buch „Die digitale Bevormundung“.
 
Abgesehen von der historischen Ironie, dass der Konzern „Meta“ heute quasi die Fortführung des Zensurdekrets des Deutschen Bundes betreibt, ist es die Kaltschnäuzigkeit, mit der der Konzern trotz Gerichtsurteilen das Zitat immer wieder gelöscht hat. Es verstoße „gegen unsere Gemeinschaftsstandards zu Hassrede und Herabwürdigung“, so hieß es auf der Plattform.
 
Ein Nutzer legte dagegen Widerspruch ein und brachte den Fall vor das Amtsgericht Stralsund, womit laut Steinhöfel, eine „Serie von Prozessen wegen immer desselben Zitats [begann], die aufgrund der Löschungen bis heute anhält. Serien von rechtskräftigen Verurteilungen und mehrfach verhängte fünfstellige Ordnungsgelder wegen Verstößen gegen gerichtliche Verbote änderten daran nichts.“
 
Wenn Löschalgorithmen den tiefgründigen Gehalt der Literatur nicht erkennen, sollten sie vielleicht nicht erst auf sie losgelassen werden. Schließlich geht es bei der Facebook-Löscherei des Heine-Zitats und bei der Löschpraxis generell um die Meinungsfreiheit, die das Grundgesetz in Artikel 5 garantiert. Sie hat auch ein Konzern aus den USA mit rechtlichen Standort in Irland einzuhalten.
 
Der Videoplattform, wie Facebook/Meta ein Monopolist, wurde z.B. untersagt, ein Video zu löschen, denn, so das Kammergericht Berlin:
 
„Eine Internetvideoplattform, die Nutzern auf der Grundlage eines Vertragsverhältnisses die Möglichkeit bietet, eigene Videoinhalte zum Abruf für Dritte einzustellen, hat bei der Anwendung ihrer Richtlinien in jedem Fall die mittelbare Drittwirkung der Grundrechte, insbesondere das Grundrecht der Nutzer auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG), zu berücksichtigen.“
 
Durch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz und nun den „Digital Services Act“ hat der Staat haben Politiker die Zensur ausgelagert. Nun bestimmen die Digitalplattformen, was ungehindert verbreitet werden kann und was angeblich gegen die „Gemeinschaftsstandards“ verstößt. Für den Staat Politiker ist es praktisch, „wenn er sie eine Zensur missliebiger Meinungen einfach outsourcen kann“, schreibt Steinhöfel. Michael Meyen spricht in diesem Kontext vom „Digitalkonzernstaat“:
 
„Wie jede Regierung möchte auch die deutsche lenken und kontrollieren, was öffentlich über sie und über die Wirklichkeit im Land gesagt wird. Das funktioniert im Internetzeitalter nur, wenn man mit den Digitalkonzernen kooperiert. Diese Ehe wurzelt in dem Wissen, dass der Handlungsspielraum jeder Regierung von öffentlicher Zustimmung und öffentlicher Legitimation abhängt. ,Herrschaftsverhältnisse‘ sind heute mehr denn je .Definitionsverhältnisse‘. Macht hat der, dem es gelingt, seine Interpretation der Wirklichkeit in der Öffentlichkeit zu platzieren.“
 
Wer wie der Hamburger Anwalt gegen die Zensur der Netzwerke kämpft, der bekommt es früher oder später auch mit deren Helfern zu tun. Genauer gesagt mit den „Faktencheckern“, die auf Facebook und Co. im Sinne der Auftraggeber und meist letztlich der Regierungen bewerten, was nicht den Fakten entspricht bzw. eher entsprechen soll. Ausführlich schildert Steinhöfel einen Fall, in dem er gegen „Correctiv“ für 2Tichys Einblick“ vorgegangen ist. Denn hier – wie in zahlreichen anderen Fällen auch – ging es gar nicht um Fakten sondern um Meinungen, wie Steinhöfel schreibt:
 
„Der vermeintliche Faktencheck von „Correctiv“ betraf eine Meinungsäußerung in Gestalt einer kritischen Stellungnahme zu Klimawandelthesen und zur wissenschaftlichen Reputation ihrer Verfasser bzw. Unterstützer. Der Beitrag wurde markiert und heruntergestuft, weil „Correctiv“ eine andere Berichterstattung für richtig hielt. Wenn der betreffende Inhalt aber im Übrigen mit den allgemeinen Gesetzen in Einklang steht, so ist das nichts anderes als die Regulierung einer Meinung, die „Correctiv“ nicht gefiel.“
 
Es soll schließlich keineswegs bestritten werden, dass Hass und Hetze in den sozialen Netzwerken weit verbreitet sind. Aber Hass und Hetze sind schwammige Floskeln. Es müsse dem Bürger klar sein, was verboten ist, schreibt Steinhöfel und verweist auf die einschlägige Strafbarkeit von Beleidigung, Verleumdung oder übler Nachrede. Maßnahmen, die angeblich der Eindämmung der Verrohung im zwischenmenschlichen Umgang dienen sollen, schlagen derweil in Zensur um.

 
Komplette Buchrezension => multipolar-magazin.de/artikel/steinhoefel-zensur
 

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