Wir kämpfen für die Impfpflicht. Die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten will sie.
Interessant! Was die Bevölkerung will, interessiert also nicht?
Wir haben noch so viele Ungeimpfte, dass wir im Herbst ohne Impfpflicht wieder erhebliche Probleme bekommen werden.
Tatsächlich? Studien aus anderen Ländern sagen das Gegenteil.
UKHSA: Geboosterte bis zu dreimal so häufig infiziert wie Ungeimpfte:
Dreifach Geimpfte im Alter von 18-80plus infizieren sich zunehmend häufiger als Ungeimpfte. In sechs Altersgruppen sind mehr als doppelt so viele Dreifach Geimpfte wie Ungeimpfte infiziert. In der Altersgruppe der 40-49 Jährigen sind es sogar gut dreimal so viele. Die Pandemie der Geimpften geht mit Dreifach Impfung weiter. Der Trend wird mit jeder Woche deutlicher.
Trotzdem können wir im Herbst wieder eine Omikron-Welle bekommen – und vielleicht sogar eine gefährlichere Variante.
Ich könnte auch im Lotto gewinnen – und vielleicht sogar den Jackpot knacken.
Da halte ich es doch lieber mit einem richtigen Virologen:
Ralf Bartenschlager, Präsident der Gesellschaft für Virologie: „Die Erfahrung zeigt, dass mit der Anpassung eines Virus an seinen Wirt die Pathogenität1 in der Regel abnimmt.“
Und selbst die aktuelle Omikron-Welle haben wir nur durch die Beschränkungen in den Griff bekommen.
Ach was?!
Und jetzt noch – der guten Ordnung halber – die aktuellen Todesfälle:
Falls ihr die nicht sofort findet: Das ist diese hauchdünne schwarze Linie am Boden der X-Achse.
Quelle: de.statista.com/statistik/daten/studie/1102667/umfrage/erkrankungs-und-todesfaelle-aufgrund-des-coronavirus-in-deutschland
Diesen Weg mit allen Einschränkungen, mit Schulschließungen und Kontaktbegrenzungen, müssten wir im Herbst wieder beschreiten, wenn Omikron zurückkäme. Und das wäre noch der günstigste Fall.
Panik! Panik! Panik!
Die Impfung ist die Vorbereitung. Ohne die Impflücke zu schließen, wären in Deutschland dann wahrscheinlich wieder Einschränkungen notwendig.
Selbst wenn 100% der Bevölkerung geimpft wäre, gäbe es trotzdem Menschen, die sich infizieren und – Überraschung! – auch daran sterben. Ganz besonders ältere mit Vorerkrankungen.
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Frage TAZ: Auf den Intensivstationen landen vor allem Ältere. Reicht dann nicht eine Ü50-Impfpflicht?
Damit riskiert man hohe Fallzahlen bei den Jüngeren. Bei einer Variante wie Delta gäbe es bei Jüngeren schwere Verläufe, bei Diabetikern, an Krebs Vorerkankten, Übergewichtigen und Menschen mit eingeschränkter Nierenfunktion. Wir brauchen ein handwerklich überzeugendes Ergebnis.
Erst war es der Schutz der Älteren, dann die Überlastung der Intensivstationen, jetzt sind es plötzlich „hohe Fallzahlen bei Jüngeren“ und „Vorerkrankte“. Medizinische Grundlage: Keine!
Ich arbeite dafür, dass am Ende ein gemeinsamer Antrag vorliegt und viele Unionsabgeordnete ihre staatstragende Verantwortung ernst nehmen. Wenn im Herbst wieder Einschränkungen nötig sind, wird sich jeder daran erinnern, wer aus parteipolitischem Kalkül die Impfpflicht verhindert hat.
Übersetzung: Wenn die Regierung aufgrund von Testorgien erneut unsere Grundrechte vergewaltigt, tragen liberale Politiker, die unsere Grundrechte schützen wollten, die Schuld.
Frage TAZ: Aber kann nicht auch die Einführung der Impfpflicht ein Desaster werden? In Teilen der Bevölkerung gibt es starken Widerstand. Es drohen enorme gesellschaftliche Konflikte, ohne dass die Impfquote am Ende deutlich höher ist.
Das halte ich für völlig abwegig. Wir erhöhen die Impfquote nicht durch noch eine Impfkampagne, sondern nur durch die Impfpflicht.
Druck erzeugt immer Gegendruck = Wechselwirkungsgesetz vom ollen Newton.
Die „Impfquote“ wird sich dadurch nicht oder nur marginal erhöhen. Die Menschen, die sich schon lange gegen diese zelluläre Gentherapie entschieden haben, werden sich das auch zukünftig nicht antun – Impfzwang hin oder her. Gegenmaßnahmen werden schon heute in den „Verschwörung-Medien“ besprochen.
Frage TAZ: Hat Sie im Ministeramt etwas überrascht?
Ich hatte nicht erwartet, dass sich die ersten zwei Monate anfühlen wie zwei Jahre. Und auch nicht, wie viele wichtige Termine ich jeden Tag abarbeiten muss. Ein großer Teil aller(!) Gesetze und Verordnungen, die die Ampel bisher gemacht hat, sind über meinen Schreibtisch gegangen.
In der Psychologie nennt man das -glaube ich- kompensatorische Selbsterhöhung = seine Unterlegenheitsgefühle gegenüber anderen Menschen mit Selbstüberschätzung ausgleichen.
Frage TAZ: Auf Twitter trendet gerade #LauterbachRücktritt. Haben Sie in den letzten acht Wochen mal an Rücktritt gedacht?
Nein. Weshalb sollte ich? Ich bin in der Bevölkerung beliebt. Unsere Arbeit funktioniert. […] Beim Treffen der europäischen Gesundheitsminister haben mich viele darauf angesprochen.
Das mit der „Beliebtheit“ ist auch nicht allzu schwierig, da in der Bevölkerung sowieso meist nur die Namen von 5-6 Politikern bekannt sind – die dann natürlich in Umfragen genannt werden.
Quelle: taz.de/Karl-Lauterbach-ueber-Pandemie-und-Amt/!5836034/ 19.02.2022
1 Pathogenität: grundsätzliche Fähigkeit eines infektiösen Objekts , einen bestimmten Organismus krank zu machen, auch wenn nicht jede Infektion zu einer Krankheit führt-