Weizen, Welthunger und der tägliche Twitterwahnsinn
Jetzt kommt gewiss der Erste daher der mir erklärt, dass ich nicht von meinem Betrieb auf andere schließen soll. Aber um euch die Sinnlosigkeit jeder weiteren Diskussion plastisch darstellen kann, hier mein Betrieb als Beispiel:
Hypothese: Ich höre morgen auf, meine Tiere zu füttern!
Ich bin Schweinehalter. Und laut Jan-Niclas Gesenhues, Mitglieder der Grünen und des Deutschen Bundestages ist es absurd, 60 % des Getreides an Tiere zu verfüttern. Alles schreit nach der Reduzierung unseres Tierbestandes. Also hör ich morgen auf. Mein Getreide, dass ich im Sommer ernte, verkaufe ich, um den Hunger in der Welt zu mindern. Meine Frage an Herrn Gesenhues: Wie garantieren Sie mir, dass das Getreide dort ankommt, wo es Hunger gibt?
Wir haben im 1. Quartal 2022 ca. eine Million Schweine weniger geschlachtet. Dadurch wurden 3 Mio Tonnen Getreide eingespart. Das ist jede Menge, wenn man nochmal rauf scrollt und sieht, dass wir mit 9 Mio t exportiertem Weizen auf Rang 8 der Welt stehen.
Wo sind denn die 3 Mio Tonnen hingekommen? Haben die Grünen sie gleich nach Ägypten, Tunesien oder Marokko verschifft? Oder ging die Ware vielleicht in die USA, die aufgrund der teueren Ölpreise die Ethanolproduktion ausbauen wollen?
Wie naiv kann man sein, dass auch nur ein Gramm Weizen (oder was weiß ich) am Bestimmungsort ankäme? Ich würde meinen Weizen an den Landhandel verkaufen oder dort kauft ihn der, der am Besten bezahlt.
Aktuell werden weltweit knapp 800 Mio Tonnen Weizen jährlich erzeugt. Knapp 300 Mio Tonnen sind eingelagert. Russland und die Ukraine exportieren jährlich 55 Mio Tonnen.
Ist Weizen aktuell also knapp? Diese Zahlen sagen das nicht aus. Spielt aktuell der Weizenpreis verrückt? Ja. Warum? Weil nicht die tatsächliche Menge den Preis macht, sondern die aktuelle Nachfrage. Wir haben hier quasi eine Klopapiersituation in XXL-Format.
Und diese Teuerung führt zu Hunger. Nicht die angebliche Knappheit. Denn im Gegensatz zu Deutschland, wo Lebensmittel ca. 10 % unserer Privatausgaben ausmachen, sind es in vielen Ländern Afrikas an die 70 %. Wenn also Mehl das Doppelte kostet, tut es uns nicht weh, einem afrikanischen Haushalt aber sehr wohl. Es ist eine Preisfrage.
Es ist auch eine Preisfrage, ob Weizen an Tiere verfüttert wird, oder zu Ethanol verarbeitet wird. Wenn es sich nicht rentiert, macht es niemand mehr. Wenn der Ami zur Ethanolherstellung mehr für den Weizen bezahlen kann, als der Afrikaner, dann macht der Ami das Geschäft. Und wenn der Chinese noch mehr bezahlt, nur um ihn einzulagern, dann macht der das Geschäft. So einfach und so hart ist diese Welt. Darum sinken aktuell auch die Schweinebestände in Deutschland. Weil es wirtschaftlich langsam keinen Sinn mehr macht, Futter doppelt so teuer zu kaufen und Schweine spottbillig zu verscherbeln. So einfach geht das. So einfach macht das der Markt. Da brauchts keine Tierschutzorganisationen und keine Aussagen grüner Politiker.
Gerhard Langreiter
Jahrgang 1981, verheiratet, 2 Kinder, seit 2001 Ferkelerzeugung mit 170 Zuchtsauen und Ferkel bis 30 kg. Ca. 30 ha inkl. Pachtfläche und Wiesen in Bewirtschaftung, 7,5 ha Wald.
Quelle: https://blogagrar.de/politik/weizen/