Ideale Arbeitszeiten

In der SZ erschien diese Woche ein Artikel mit der Überschrift „Was Männer und Frauen für die ideale Arbeitszeit halten“. Grundlage ist eine Umfrage des IAB (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung), eine Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit.
 
Da die Quelle nicht im Artikel verlinkt wurde, machte ich mich auf die Suche und fand ein PDF mit der Überschrift „Arbeitszeitwünsche und Erwerbstätigkeit von Müttern“ (das habe ich am Ende des Artikels zum Lesen oder Herunterladen eingebunden). Die Einleitung der Studie lautet wie folgt:

 

Erwerbsarbeit sowie Haus- und Erziehungsarbeit sind in Deutschland noch immer ungleich zwischen den Geschlechtern verteilt. Die Erhöhung der Frauen- und Müttererwerbstätigkeit ist als politisches Ziel verankert, um einerseits die finanzielle Situation der Familien zu verbessern und andererseits die finanzielle Eigenständigkeit von Frauen zu stärken.

 

Bundesweit wurde 6.514 Frauen und 5.607 Männer im Alter zwischen 18 und 60 Jahren befragt. Es gibt Unterschiede zwischen Ost und West; in diesem Beitrag beschränke ich mich jedoch im Wesentlichen auf den „westlichen“ Teil.
 
In ihrem Artikel schreibt die SZ-Autorin Ulrike Heidenreich unter anderem:

 

Die tatsächliche Arbeitszeit bei erwerbstätigen Frauen beträgt in Deutschland im Durchschnitt 30 Wochenstunden, gewünscht werden lediglich 28. Bei berufstätigen Männern sind es momentan real 43 Wochenstunden, die Befragten wollen aber im Idealfall weniger arbeiten – nämlich 35 Stunden.

 

Das ist seltsam! Denn in der Studie steht:

 

… bei [erwerbstätigen] Männern lag die gewünschte Arbeitszeit bei knapp 39 Stunden. […] Die Idealvorstellung von Männern ist unabhängig von der Haushaltssituation im Mittel eine 35-Stunden-Woche.

 

Kommen wir zur nächsten Ungereimtheit. Frau Heidenreich schreibt:

 

Demnach wünschen sich kinderlose Frauen ohne Partner 32 Wochenstunden im Büro, kinderlose Frauen mit Partner 28 Stunden. Die geringste Zahl nennen Frauen, die in einer Partnerschaft leben und Kinder zwischen drei und sechs Jahren haben, sie möchten 22 Stunden arbeiten. […] Wesentlich mehr arbeiten würden […] außerdem Frauen in Paar-Haushalten mit Kindern ab sechs Jahren, die aus dem Gröbsten heraus sind.

 

In der Studie gaben Frauen mit Kindern über 6 Jahren an, nur 24 Stunden arbeiten zu wollen. Was eine durchschnittliche Reduzierung/Erhöhung der Arbeitszeit von … Null bedeutet – wenn man ein Plus von 2 Stunden als „wesentlich mehr“ interpretiert.
 
Im Intro schreibt Frau Heidenreich:

 

Wenn der Nachwuchs mindestens sieben Jahre alt ist, so die Ansicht, sei dann wieder eine Arbeit in Vollzeit möglich.

 

Stimmt! 65% der Befragten sind tatsächlich der Meinung, eine Mutter könne wieder Vollzeit arbeiten gehen, wenn die Kinder 6 Jahre oder älter sind. Ich wäre nur dankbar, wenn mir jemand eine Frage beantworten könnte: In welchem Universum sind 24 Stunden ein Fulltimejob?
 
Faszinierend fand ich das Ergebnis der kinderlosen Frauen mit Partner: In dieser Gruppe wurden 1.959 Frauen befragt. Davon sind nur 1.494 erwerbstätig und von denen wünscht sich die Hälfte eine Reduzierung der Arbeitszeit. Das sind etwas über 38% in dieser Gruppe und 11,5% (!) der insgesamt befragten Frauen. Wenn deren Männer das finanzieren … meinetwegen. Aber Feministinnen sollten bei solchen Umfragezahlen bitte aufhören, ständig was von „Gender Pay Gap“ zu faseln.
 
Mich wundert es nicht, dass das IAB ein eher ernüchtertes Fazit zieht:

 

Unabhängig von ihrer Haushaltskonstellation wünschen sich Frauen also eher eine erweiterte Teilzeitstelle als eine Vollzeit-Erwerbstätigkeit.

 

Wie sich „starke“ Frauen ideales Arbeiten vorstellen, war ja bereits Thema im Beitrag „Edition F: Das digitale Zuhause für starke Frauen„. Auch diese Studie bestärkt mich in meinen Verdacht, dass sich ein nicht unerheblicher Teil Frauen „verwirklichen“ und „als Angestellte frei“ sein will. Dass sie einen „erfüllenden Job“ in einer Teilzeitstelle mit Vollzeit-Gehalt haben wollen. Dass aber eins nicht auf deren Agenda zu stehen scheint: arbeiten.
 
Manuela Schwesig will ja a) mehr Unternehmen zur Frauenquote verpflichten und b) Unternehmen zwingen die Löhne offen zu legen, um damit c) Lohngleichheit zu erreichen.
 
Auf die Studie umgelegt hieße das: Frauen, die zum Großteil gar kein Interesse an Vollzeitarbeit haben, werden Unternehmen aufgezwungen, die das bezahlen müssen und zwar mit dem gleichen Gehalt wie Männer, die den Laden mit 61% mehr Arbeitsleistung am Laufen halten.
 
Kann man machen. Aber dann sollt man das auch so sagen.
 
#JustMy2Cent

 
Quellen:
sueddeutsche.de/leben/umfrage-die-ideale-arbeitszeit-1.3460605
IAB Kurzbericht: Ideale Arbeitszeit für Mütter

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