Schönes Wochenende

Auf den Ohren: Lincoln Rhyme
 
August war ein Thriller-Monat, in dem ich (die für mich letzten) drei Hörbücher der Serie hörte.
 
Lincoln Rhyme, ehemaliger Abteilungsleiter der Spurensicherung der New Yorker Polizei, dürfte vielen aus dem Film „Der Knochenjäger“ bekannt sein. Allerdings ist er in den Büchern ein gutaussehender Weißer, sein Betreuer (Thom Reston) ist ein gut aussehender homosexueller Weißer und die Tatortanalystin Amelia Sachs ein weißes, rothaariges Ex-Modell.
 
Lincolns und Amelias Zusammenarbeit beginnt zufällig, als sie einen senkrecht begrabenen Leichnam entdeckt. Sofort fängt sie an, den Tatort großräumig abzusperren und löst dabei ein riesiges Verkehrschaos aus. Polizeistellen und Politiker sind „not amused“; Lincoln Rhyme hingegen ist von ihrer Vorgehensweise angetan, da er ähnlich kompromisslos und akribisch arbeitet. Daher fordert er Amelia, die als Streifenpolizistin mit Spurensicherung an sich überhaupt nichts zu tun hat, als Assistentin an. Am Anfang gehen sich beide auf die Nerven, aber im Laufe der Zeit ergänzen sie sich immer mehr. Allerdings ist und bleibt Licoln Rhyme ein arroganter Klugscheißer.
 
An den Tatorten wird zur Spurensuche von Amelia ein „Gitternetz“ abgeschritten. Alle Beweise werden eingesammelt, katalogisiert und in Lincoln Rhymes Labor gebracht. Da dieser durch seinen Unfall eine hohe Entschädigung erhielt, konnte er in seinem Haus ein Labor einrichten. Analysiert werden diverse Proben im Gaschromatographen und im Massenspektrometer; größere Beweismittel mit diversen Datenbanken verglichen (die meist er angelegt hatte).
 
Alle Hinweise werden zusammengefasst und auf ein Whiteboard geschrieben. Je weiter die Geschichte, desto länger ist natürlich die Liste. Zwischendurch wird diese ergänzte Übersicht auch immer wieder vorgelesen. Da es eigene Kapitel sind, kann man diese aber überspringen.
 
Zusammen mit Lincoln Rhyme und Amelia Sachs arbeiten als Stammmannschaft Lincolns langjähriger Freund und Polizeiveteran Detective Lon Sellitto, der Forensiker Mel Cooper und später der junge Detective Ron Pulaski. Andere Charaktere haben immer wieder mal Gastauftritte. Auch wenn die Protagonisten nicht sehr tiefgründig dargestellt werden, ist der Erkennungswert doch hoch.
 
Wenn man diese Bücher hört, muss man stellenweise einem äußerst robusten Magen haben. Die sehr detailreichen Ausführung der Verbrechen und deren Opfer dürften nicht jedermanns Sachen sein.
 
Jeffrey Deaver legt mehr Wert auf die Geschickte und die Forensik, was zulasten der Protagonisten geht. Seine Figuren entwickeln sich dadurch nur marginal weiter, aber sie entwickeln sich weiter. Er ist aber ein Meister der Cliffhanger, Perspektivenwechsel, Irrungen und Wirrungen. Bei ihm ist selten etwa so, wie es anfangs oder auch mittendrin scheint. Er baut immer wieder Wendungen und Überraschungen ein, steigert die Geschwindigkeit und nimmt wieder Tempo raus. Der Hörer tappt meist bis gegen Ende im Dunkeln. Die Geschichten sind trotzdem im Großen und Ganzen in sich konsistent, wenn auch teils etwas ausschweifend.
 
Manchmal übertreibt er es leider etwas mit den forensischen Beweisen. Oder wie ein Rezensent schrieb: „Lincoln löst den Fall aufgrund eines Pfefferkorns, das am Boden des Tatorts lag“.
 
Im Laufe der Bücher (er)löst Jeffry Deaver hin und wieder seine Protagonisten von der reinen Spurensuche und dem „Tatort New York“, was sowohl den Geschichten als auch den Ermittlern ganz gut tut.
 
Deaver erhebt den Anspruch, spannende Thriller zu schreiben – das ist ihm gelungen. Oft thematisiert er gesellschaftliche Probleme, wie z.B. Schlepperbanden, Digitalisierung, Datendiebstahl und Datenmanipulation, vulnerable Infrastruktur, Sekten oder auch Militär, allerdings ohne diese zu bewerten. Das empfand ich als sehr angenehm, das der Hörer sich immer selbst eine Meinung bilden kann.
 
Gelesen werden die Hörbücher von Dietmar Wunder, der zur ersten Sprecher-Riege gehört. Er synchronisiert u.a. Adam Sandler, Daniel Craig und Don Cheadle. Wenn mich ein Buch interessiert und ich lese seinen Namen, landet das meist im Einkaufskorb.
 
Bei dem Portal „Krimi Couch“ wird kein Buch unter 80% bewertet, was schon für sich spricht. Ich vergebe für die 11 gehörten Bücher auch zwischen vier und fünf Sternen, da sie für mich einen hohen Unterhaltungswert hatten. Das 13. Buch „Der Komponist“ werde ich allerdings wegen der kritischen Rezensionen nicht mehr kaufen.
 
Man sollte aufhören, wenn es noch interessant ist.
 
Schönes Wochenende

 

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