Da meine Couch schon etwas älter und inzwischen auch etwas durchgesessen ist, war es höchste Zeit, dass ich mich nach einer neuen umsah.
Gesagt – getan! Erst recherchierte ich im Internet, dann schlug ich im Möbelhaus auf. Ich hätte zwar auch online bestellen können, aber mir ist der persönliche Kontakt und die Beratung wichtig, aber auch die Begutachtung vor Ort. Bei größeren Anschaffungen kaufe ich ungerne die Katze im Sack. Da bin ich altmodisch.
Also sah ich mir die Couch an, die mir auch gefiel. Allerdings stutzte ich, als ich den Preisunterschied sah: 800 € teurer als online.
In der Nähe gab es einen Infostand, den ich aufsuchte. Dort saß ein (aus meiner Sicht junger) Mann, der mir die Diskrepanz auch sofort erklären konnte. Man muss eine Kundenkarte besitzen, um in den Genuss der verbilligten Couch zu kommen.
‚Okay‘, dachte ich, ‚das Prinzip kennen wir ja von den Treue-Apps der Handelsketten“.
Da lohnt sich das nicht. Aber 800 € ist schon ein ganz anderes Kaliber.
Ich erwähnte, dass ich vor geraumer Zeit schon mal eine Schlafcouch gekauft hatte. Der nette Verkäufer recherchierte und stellte fest, dass ich nicht mehr im System bin. Nach vier bis fünf Jahren „Untätigkeit“ fliegt man raus.
‚Okay‘, dachte ich wieder, ‚damit kann ich leben‘, und willigte ein.
Nächste Hürde: kein Zugriff auf meine Mailkonten. Geht nun mal schlecht mit einem Handy. Er war etwas erstaunt, weil ich ein Bild der Couch mit der Artikelnummer auf meinem Smartphone gespeichert hatte. Ja, erklärte ich, das sei aber nur mein Mediengerät mit Bildern, Hörbüchern und Musik ohne Online-Zugriff.
Dadurch kamen wir ins Gespräch, das bestimmt eine halbe Stunde dauerte (war auch nichts los im Einrichtungswunderland): Digitalisierung, Überwachung, Corona, Regimekritik, die guten „alten“ Zeiten, Kinder – die ganze Palette.
Im Gespräch erfuhr ich, dass er Deutscher mit Migrationshintergrund ist; seine Eltern sind vor Jahrzehnten eingewandert.
Ich erwähnte, dass ich wahrscheinlich auswandern würde, wenn ich etwas jünger wäre. Er erwiderte sofort, das überlege er auch, da er eine kleine Tochter hätte. Er mache sich Sorgen um ihre Zukunft. Auch einer seiner Kollegen denke darüber nach. Besser würde es in diesem Land bestimmt nicht werden.
Es war ein ausgesprochen angenehmes Gespräch, und wir stimmten – trotz Altersunterschied und unterschiedlichem kulturellen Hintergrund – in allen Punkten überein.
Gelesen hatte ich schon öfter darüber, dass Migranten und auch Deutsche mit Migrationshintergrund mit der aktuellen Situation genauso unzufrieden sind wie ich. Dass aber mal direkt zu hören, war äußerst interessant.
Das wird noch richtig lustig, wenn auch diese qualifizierten Menschen Deutschland fluchtartig verlassen.
#JustMy2Cent