17.08.2023 Steuergeld für Denkfabriken? Ein Plädoyer für Unabhängigkeit und Staatsferne in der Forschung
Die meisten der in Politik und Medien zitierten Energiewendestudien erfüllen nicht einmal die Mindeststandards guter wissenschaftlicher Praxis. Die Förderung sogenannter Denkfabriken mit Steuergeldern sollte deshalb vollständig und ersatzlos eingestellt werden.
In unserer an Ökosiegeln, Echtheitszertifikaten und Klimaneutralitätsversprechen nicht gerade armen Zeit hält sich ein Etikettenschwindel besonders hartnäckig: NGO. Die Abkürzung steht für „Non-Governmental Organization“ – „Nichtregierungsorganisation“. Der Buchstabe „N“ signalisiert Unabhängigkeit und Staatsferne, so die Theorie. Doch wie sieht es in der Praxis aus?
„Unsere wissenschaftlich fundierte Forschung zeigt praktische politische Lösungen auf und verzichtet dabei auf ideologische Festlegungen“ – so beschreibt sich die Denkfabrik Agora Energiewende auf ihren Internetseiten. Das laut Eigendarstellung „weder unternehmerischen noch politischen Interessen“ verpflichtete Institut erhielt im Jahr 2021 Steuergelder in Höhe von 922.493 € vom Bundeswirtschaftsministerium. Im Jahr nach dem Regierungswechsel wuchs der Betrag auf 1.707.954 € an, eine Steigerung auf 185%. Insgesamt erhielt Agora im Jahr 2022 von Wirtschafts-, Umwelt- und Wissenschaftsministerium 3.070.028 Euro.
Wie ist es mit der wissenschaftlichen Qualifikation ihres Personals bestellt? Die Analyse des Mitarbeiterstamms von „Denkfabriken“ wie Agora ist anhand ihrer Internetauftritte möglich. Sie zeigt, dass die Mehrzahl der Projektbearbeiter nicht promoviert ist. In „Denkfabriken“ ist die Qualifikation augenscheinlich in weitaus geringerem Maße vorhanden, als an Universitäten und Forschungszentren.
Die Studien von „Denkfabriken“ wie Agora Energiewende sind in der Regel nicht in referierten Fachzeitschriften veröffentlicht. Damit fehlt ihnen eine unabhängige Qualitätssicherung, das sogenannte peer-review. Gern führen „Denkfabriken“ vermeintlich unabhängige Qualitätskontrollen durch Aufsichtsgremien oder Beraterkreise ins Feld. Da diese Zirkel weder unabhängig noch anonym agieren, handelt es sich es sich um keine Qualitätssicherung, die den Standards der Wissenschaft genügt.
In diesem Zusammenhang ist die Doppelmoral mancher Medien bemerkenswert: Während der Hamburger Physikprofessor Roland Wiesendanger vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk und zahlreichen Medien dafür kritisiert wurde, seine Studie zum Ursprung der Corona-Pandemie nicht in einer begutachteten Fachzeitschrift veröffentlicht zu haben, zitieren die gleichen Medien bereitwillig Energiewendestudien von „Denkfabriken2 ohne Qualitätskontrolle.
Als Fazit lässt sich daher feststellen, dass Energiewende-„Denkfabriken“ in der Regel weder die Qualifikation für „wissenschaftlich fundierte Arbeit“ noch für das Aufzeigen „praktischer politischer Lösungen“ ohne „ideologische Festlegungen“ besitzen.
Die Öffentlichkeit sollte sich bewusst sein, dass die meisten der in Politik und Medien zitierten Energiewendestudien nicht einmal den Mindeststandards guter wissenschaftlicher Praxis genügen.
Quelle: cicero.de/innenpolitik/steuergeld-denkfabriken-NGO
Volle Zustimmung! Allerdings geht der Autor davon aus, dass an Universitäten unabhängig geforscht werden kann. Dem ist leider nicht so. Zumindest nicht in den meisten Fällen.