Am 05.05.2017 strahlte Phoenix das Symposium der Historischen Kommission der ARD unter dem Motto „Wem gehört der Rundfunk?“ aus. Leider konnte ich die Sendung nicht von Anfang an verfolgen, aber ein „Hightlight“, nämlich den Vortrag der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, bekam ich noch mit. Obwohl „mitbekommen“ eigentlich der falsche Ausdruck ist, da Frau Wille fast durchgängig ohne Punkt und Komma redete.
Ab ungefähr der Hälfte schwante mir, auf was das Ganze hinauslaufen würde, weswegen ich zurückspulte und mitschrieb. Aber lest selbst und bildet Euch ein eigenes Urteil.
Für diejenigen, die den Text zu anstrengend finden (was ich nachvollziehen kann; ich benötigte fast drei mal so viel Zeit wie sonst beim Mitschreiben), habe ich die wichtigsten Stellen im Text hervorgehoben. Das Video zu der Sendung habe ich unter „Quellen“ hinzugefügt.
Es ist wichtig, auch da zu sein, wo diese Facebook-Welt sich entwickelt, hab‘ ich gestern gerade gesagt. Wenn 22% aller Deutschen bei Facebook unterwegs sind und das innerhalb von 5 Jahren, das muss man sich mal vorstellen, dann müssen wir auch da sein. Aber was wir brauchen: Wir brauchen eine eigene publizistisch starke Plattform.
Wir sind ja dabei, unsere Mediatheken-Welt weiter zu entwickeln. Ich glaube, das ist aber ein Anfang. Diese Dialog-Plattform, diese Kommunikations-Plattform der Zukunft ist eine ganz andere. Und ich glaub‘, wir haben so viel Möglichkeiten als ARD, dort eine publizistisch starke Plattform aufzubauen; mit Informationen, mit all den Aufgaben, die uns ja bleiben und das sozusagen auch in der Kommunikation, mit den neuen Kommunikationsmöglichkeiten verbinden, und dann wäre es schön, wenn dann „Da ist meine ARD“, mit einem Zugang, mit einer Auffindbarkeit, mit einem sozusagen, da wo man nicht als gesplitterter Verbund, sondern als ein Verbund und eine publizistisch starke ARD, wo man mitdiskutieren kann, wo man weiß, dort sind die Qualitätsinhalte, dort find‘ ich die tatsächlich. Die steh’n dafür. Dafür steh’n die.
Und deswegen ist im übrigen, bin ich sehr dankbar, wenn wir wegkommen von der reinen Beitragsstabilitäts-Diskussion. Lassen Sie uns die Diskussion führen zur gesellschaftlichen Bedeutung, unsere gesellschaftlichen Aufgabe, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat. Helfen Sie uns auch als Politik wegzukommen von diesem Fetisch „Beitragsstabilität“. Es geht um bedarfsgerechte Finanzierung und um die Grundfragen unserer Gesellschaft, um die gesellschaftliche Verständigung. Und wie schaffen wir das, wenn sich gesellschaftliche Kommunikation so radikal und teilweise so grundsätzlich auch verändert. Und deswegen in diese Richtung zu denken, mit Langfrist-Perspektiven an das KEF-Verfahren ranzugehen, unseren Auftrag, gesellschaftspolitisch zu diskutieren, auch ihre Erwartungshaltung, und wir müssen sagen, was versprechen wir dieser Gesellschaft, wo entwickeln wir uns hin, was kann die Gesellschaft von uns erwarten. Diese Diskussion brauchen wir.
Und deswegen ist der Ansatz der Politik kluger (kein Verschreiber), mit uns zu diskutieren. Auftrag, Chancen der Digitalisierung, Strukturreform gehören dazu, und wir müssen auch in den Strukturen natürlich uns auf diese Welt einstellen, Modifizierung dieses Beitragsfestsetzungsverfahren, es gehört zusammen, es ist ein Gesamtpaket, was auf’n Tisch gehört und das ist die Frage der Zukunft, und da geht’s ’n Stück, wie in der Zukunft Demokratie funktioniert. Und das muss uns beschäftigen.
Es folgte sehr verhaltener Applaus, was bei dem konfusen Wortschwall allerdings auch niemanden wundern dürfte.
Keine Ahnung, ob irgendeiner der Anwesenden verstanden hatte, um was es Frau Wille ging; ich zog folgendes Fazit:
- Soziale Plattformen wie Facebook graben den ÖR das Wasser ab, weswegen die nachziehen müssen.
- Die Politik möchte Beitragsstabilität bei den GEZ-Gebühren.
- Demokratie funktioniert aber in Zukunft nur, wenn eine Modifizierung des Beitragsfestsetzungsverfahren vorgenommen wird; sprich: die Gebühren erhöht werden.
Dazu passt auch der Artikel „Rundfunkgebühren könnten in ‚ungewohnter Größenordnung‘ steigen“ der WELT online vom 03.05.2017.
Der Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) geht davon aus, dass die Rundfunkgebühren um mehr als einen Euro pro Monat steigen könnten. Genaue Zahlen könne es erst „geben, wenn man weiß, was 2019/2020 auf dem Tisch liegt“, sagte KEF-Chef Heinz Fischer-Heidlberger am Mittwoch dem Mitteldeutschen Rundfunk. Er gehe aber „davon aus, dass das auf jeden Fall über einem Euro Zusatzbeitrag liegen wird“. Beitragsstabilität sei in der nächsten Gebührenperiode wegen steigender Kosten nicht möglich, sagte Fischer-Heidlberger. Deswegen werde es möglicherweise eine Beitragserhöhung in einer „ungewohnten Größenordnung“ geben.
2015 beliefen sich die Einnahmen nur aus GEZ-Gebühren auf 8,1 Milliarden Euro. Davon flossen 5,76 Milliarden an die neun Anstalten der ARD. Bis 2020 werden zwar etwas weniger Einnahmen prognostiziert, man rechnet aber immer noch mit jährlich 7,84 Milliarden Euro. Für die ARD fallen dann immer noch 5,56 Milliarden ab. Allerdings verringerten sich wegen einer Gesetzesnovellierung die Werbezeiten im Radio, die ab 2019 noch einmal reduziert werden sollen. Daher kalkuliert die ARD jetzt schon vorsorglich jährliche Einbußen von circa 81 Millionen Euro ein. Frau Willes Vorstoß zielt also weniger auf die zukünftige Verteidigung der Demokratie an den TV- und Rundfunkgeräten, sondern eher auf den Ausgleich wegbrechender Werbeeinnahmen. Und diese Lücke sollen dann die Bürger füllen.
Die Frage, wem der Rundfunk gehört, hat sich damit wohl erledigt.
#JustMy2Cent
Quellen:
https://www.youtube.com/watch?v=PBgo1iRBy_8 (Karola Wille ab 52:30)
https://www.welt.de/wirtschaft/article164227822/Rundfunkgebuehren-koennten-in-ungewohnter-Groessenordnung-steigen.html
http://www.tagesspiegel.de/medien/8-1-milliarden-euro-rundfunkgebuehren-gez-einnahmen-umstritten-aber-stabil/13738728.html
http://www.stern.de/wirtschaft/news/gez–ard-geht-das-geld-aus—steigt-der-rundfunkbeitrag–7436034.html