Interessiert die meisten doch sowieso nicht

15.01.2025 Neuer Datensatz enthüllt 40.000 Apps hinter Standort-Tracking
 
Ein bislang unbekannter Datensatz zeigt so umfangreich wie nie zuvor Gefahren des globalen Datenhandels. 40.000 Apps sind betroffen, darunter queere Dating-Apps. Mit alarmierender Genauigkeit geortet wurden Nutzer von Wetter Online, Focus Online und Kleinanzeigen.
 
Ein solcher Datensatz ist über einen US-Händler zu netzpolitik.org gelangt. Als Gratis-Vorschau soll er Lust auf ein Monatsabo mit tagesaktuellen Daten machen.
 
Obwohl es sich nur um eine Kostprobe handelt, zeichnet dieser Datensatz ein bislang einzigartiges Bild vom weltweiten Datenhandel. Datiert auf einen Tag im Juli 2024 beinhaltet er 380 Millionen Standortdaten aus 137 Ländern, verknüpft mit rund 40.000 verschiedenen Apps, deren Nutzer*innen kaum ahnen dürften, was mit ihren Daten geschieht.
 
Zu den Standortdaten im Datensatz gehören außerdem sogenannte Mobile Advertising IDs. Diese Werbe-Kennungen funktionieren wie Nummernschilder und machen Nutzer eindeutig erkennbar. Zu finden sind auch Infos über das verwendete Handy-Modell und Netzbetreiber, etwa Vodafone oder Telekom.
 
Die rund 40.000 Apps im neuen Datensatz decken eine breite Vielfalt an Kategorien ab: über Spiele, Dating und Shopping bis hin zu Nachrichten und Bildung. Darunter sind einige der beliebtestens Apps der Welt, teils millionenfach heruntergeladen.
 
Zu einigen der Apps konnten wir auffällig exakte Standortdaten finden. Eine davon ist Deutschlands populärste Wetter-App, Wetter Online. An nur einem Tag in Deutschland wurden zehntausende Wetter-Online-Nutzer wohl teils auf den Meter genau geortet.
 
Genaue Standortdaten gibt es auch zu Nutzer von anderen beliebten Apps wie Focus Online, Kleinanzeigen und FlightRadar24.
 
Weitet man den Blick auf alle Standortdaten im Datensatz, so entdeckt man weitere bekannte Apps – darunter Tinder, Grindr und Candy Crush Saga sowie Upday vom Axel-Springer-Konzern, web.de und gmx.de. Hier wurden Nutzer jedoch offenbar nur per IP-Adresse geortet, also mit einer Unschärfe im Kilometer-Bereich.
 
Was lässt sich lernen aus diesem einen ganz normalen Tag in der Welt der werbebasierten Massenüberwachung? Unsere Recherche zeigt: Nutzer haben keine Kontrolle über ihre Daten.
 
Auch wenn die Werbe-Industrie mit ihren Transparenz-Labels und Einwilligungs-Abfragen gerne einen anderen Eindruck erwecken möchte. Anhand unseres Datensatzes können wir verfolgen, wo Millionen Menschen auf der ganzen Welt welche Apps benutzen.
 
Unser Datensatz deckt nur einen Tag ab; entsprechend schwierig ist es, darin die möglichen Bewegungsprofile von Personen zu erkennen. Es ist uns trotzdem gelungen, getrackte Wetter-Online-Nutzer*innen zu identifizieren. Dabei halfen uns Standortdaten aus anderen Datensätzen, die uns dank vergangener Recherchen vorliegen.
 
Häufungen von Handy-Ortungen führten uns zu den Wohnadressen der Nutzer. Zwei Personen bestätigen uns: Ja, sie erkennen sich in den Daten wieder, und ja, sie nutzen Wetter Online.
 
Über eine der Personen fanden wir sogar noch mehr heraus: Sie lebte laut unseren Daten in einem Einfamilienhaus, besuchte ein nahegelegenes Krankenhaus und eine Spezialklinik in einer bayerischen Großstadt. Zum Schutz ihrer Privatsphäre nennen wir ihren Namen nicht.
 
Wie stellt Wetter Online sicher, dass die mit anderen Firmen geteilten Daten nicht weiter verbreitet werden? Wie erklärt sich Wetter Online, dass Standortdaten seiner Nutzer bei Databrokern landen konnten? Auch nach mehrfachen Kontaktversuchen per E-Mail und Telefon erhielten wir keine Antworten.
 
Das Fazit ist ernüchternd: Die teils genauen Standortdaten von Zehntausenden Wetter-Online-Nutzer aus Deutschland sind in unserem Datensatz. Viele Millionen weitere Nutzer der populärsten Wetter-App Deutschlands könnten potenziell betroffen sein. Aber es gibt keine Erklärung, wie die Daten an Databroker geflossen sind.
 
Wir haben den Bayerischen Landesdatenschutzbeauftragten Michael Will um eine Einschätzung gebeten. Die Erkenntnisse aus unserer Recherche beschreibt er im Interview als „ernüchternd“ und „erschreckend“. Der Datenschützer sieht darin einen krassen Vertrauensbruch.
 
„Das ist konträr zu allem, was die durchschnittlichen Nutzerinnen und Nutzer von Apps erwarten würden – noch Monate danach nachvollziehen zu können, wo sie sich aufgehalten haben.“ Der Datenhändler hätte diese Daten nicht haben dürfen. „Das ist jenseits der Spielregeln, die vereinbart sind.“
 
Von einem „enormen Kontrollverlust“ spricht angesichts der neuen Recherche Martin Baumann von der Datenschutzorganisation „noyb“. Den wenigsten sei bewusst, dass ihre Daten an zahlreiche Firmen auf der ganzen Welt übermittelt werden, von diesen gehandelt werden und umfangreiche Profilbildung ermöglichen.
 
Für die Einzelnen sei es „quasi ausgeschlossen, nachzuvollziehen, wo ihre Daten landen“, so Baumann. „Den Nutzern wird die Kontrolle über ihre Daten faktisch entzogen.“

 
Quelle: netzpolitik.org/2025/databroker-files-neuer-datensatz-enthuellt-40-000-apps-hinter-standort-tracking
– gefunden bei Nachdenkseiten.de
 

Den meisten Nutzern ist es doch völlig wurscht, was mit ihren Daten passiert. Das höre ich immer wieder in meinem Umfeld und sehe das auch an dem glasigen Blick, den die Leute bekommen, wenn ich mal wieder ein Warnung ausspreche. Für die ist Internet-Datenklau und -Nachverfolgung keine reale Gefahr.
 
Es muss erst richtig schief gehen oder richtig weh tun, bevor eine Änderung im Denken stattfindet. Falls überhaupt!
 
Dass ich belächelt werde, weil ich immer noch mit einem Handy herumlaufe (und selbst das nicht immer), muss ich wohl nicht erwähnen.
 
#JustMy2Cent

 

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